Voran - mögliche Alternative zum jetzigen Aufbau?

rb_sijuto
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Voran - mögliche Alternative zum jetzigen Aufbau?

Beitrag von rb_sijuto » Fr 24. Okt 2008, 20:51


Zitat Madog

"@ Sijuto


Vielleicht wäre es gut, wenn Du einen Thread extra für dieses "Problem" eröffnest. Ich müsste wissen, wie Du das voran bisher aufgebaut hast und ob Du verschiedene Kommandos nimmst. Ich vermute, dass das voran für den RH zum detachieren genommen wird? Ich kenne die neue PO für RH nicht, deshalb wäre es nett, wenn Du mir ein bisschen auf die Sprünge hilfst Wird der Hund für Trümmer, Fläche oder beides ausgebildet?"


Hah, das mach ich gerne ...

- ich stelle das mal in dem Oberforum "Sport und Einsatz" ein - "Voraus" gibt es ja in fast allen Hundesportdisziplinen ...



Erst mal zu den Fragen:


Ziel der Übung laut PO ist:

"Der Hund wird in der Freifolge aus der Bewegung heraus vorangesendet. Auf ein Hör- und/oder Sichtzeichen entfernt sich der Hund mindestens 20m in die angegebene Richtung. Auf das entsprechende Hörzeichen hat sich der Hund sofort zu legen oder zu stehen. Der Hund wird dann auf Anweisung des Prüferteams abgeholt."


Detachieren ist eine Alternativübung zum "Voran", das heißt, ich könnte alternativ den Hund zu drei verschiedenen Zielpunkten schicken, an denen er verharren muss.


Bisher aufgebaut habe ich das wie folgt:


Ich habe mir verschiedene Stäbe gebastelt, auf die ich ein Spielzeug legen kann. Diese werden an "Wegübergänge", Zäune, Waldränder etc. gesteckt.

Zunächst hat ein Helfer den Hund gehalten (10 m Abstand) und ich habe das Spielzeug sichtbar auf den Stab gelegt. Nach mehreren (vielen!) Wiederholungen wurde kleinschrittig der Abstand auf 30 m erhöht.

Dann hat der Helfer das Spielzeug (vom Hund beobachtet) ausgelegt (zunächst wieder kleinere Entfernung, dann bis auf 30m "wegtrainiert".


Momentaner Trainingsstand: Der Helfer legt das Spielzeug für den Hund sichtbar mehrere Male aus, dann wird etwas anderes geübt und der Hund sieht nicht, wie der Helfer das Spielzeug auslegt.

Ich nehme mit ihm Aufstellung (verkürzte Entfernung, gleiche Stelle wie vorher) und kann ihn voran senden.


Die Übung endet für den Hund mit der Belohnung durch das Spielzeug, Platz fordere ich nicht ein, um nicht die Motivation bzw. und/oder Geschwindigkeit zu verschlechtern.


Klappt eigentlich super ...


Die Stäbe nehme ich, damit der Hund auch wirklich sieht, dass sich "Voraus" lohnt und er nicht irgendwo anfängt, den Boden abzusuchen ...


Zusätzlich trainiere ich folgendes:

HF und Hund in Grundposition, Spielzeug wird für Hund sichtbar nach hinten an eine "Grenze" geworfen, dann entferne ich mich im Fuß mit dem Hund in die entgegengesetzte Richtung, nach einigen Metern (das habe ich langsam gesteigert) Kehrtwendung, ein paar Schritte gerade aus weiter im Fuß und aus der Bewegung Kommando "Voran" - klappt absolut super, auch schon über die lange Entfernung.


Ein dritter Teil des Trainingsaufbau's ist das Platz auf Entfernung.


Im Obedience hat Tom das Voraus unter dem Kommando "Box" mehr schlecht als recht gelernt (ich hatte ein Target im Pylonenviereck antrainiert) - diese Übung praktiziere ich gar nicht mehr, ich glaube nicht, dass sie meinen Trainingsaufbau durcheinanderbringt.

_________________


Soweit zu meinem Trainingsaufbau.

Eigentliche Frage ist ja nur, wie man ein Voraus aufbauen könnte ohne auf das Prinzip "renne immer bis zu einer "Grenze" (Waldrand, Hecke, Zaun etc.)" - dort ist was deponiert ...


So würde ich im Training halt immer ein Spielzeug deponieren und in der Prüfung über "Gehorsam" ein Platz durchsetzen wollen, finde ich aber nicht so ganz elegant.


Huch ist das lang geworden, aber ich hoffe es war zumindest verständlich ...


Freue mich schon auf Anregungen!

Silke

mit Jule und Tom



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rb_MadDog
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Beitrag von rb_MadDog » Sa 25. Okt 2008, 01:37


Ganz verstehe ich es nicht. Liegt aber sehr wahrscheinlich an der Uhrzeit Ich versuche es morgen im Laufe des Tages, da bin ich des Denkens hoffentlich wieder mächtig.



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Beitrag von rb_MadDog » So 26. Okt 2008, 11:37


So, heute in ausgeschlafener Frische


Wenn ich das richtig verstanden habe, wirst Du den Hund bis zur Prüfung immer "voraus" schicken und in der Prüfung als "Überraschungseffekt" Platz über Gehorsam einforden. Das ist eine Trainingsmöglichkeit, die ganz viele Hundesportler praktizieren um das vorauslaufen druckvoll nach vorne zu haben.


Deine optischen Grenzen kannst Du ganz einfach umgehen, indem Du variantenreicher wirst. Mal liegt das Spielzeug vor der Grenze, mal an der Grenze und mal dahinter. Mal schickt man den Hund 10 m, dann 50, nur 30 usw.


Dein Training mit Target hatte den Nachteil, dass vermutlich das druckvolle nach vorne verloren ging. Ist auch logisch, weil der Hund weiss, dass dort die Grenze ist. Er lernt so, dass er da hin soll und er macht es. Dass wir Tempo wollen, wird für den Hund allerdings nicht ersichtlich. Für Obedience hättest Du ebenfalls Varianten einbauen können. Heisst, Du schickst den Hund durch die Box und er erhält die Bestätigung erst dahinter. So muss er Tempo aufbauen, schliesslich will er die Beute oder das Lecker. Wenn sowas nicht den gewünschten Erfolg bringt, kann man das durch bewusstes hemmen steigern. Sprich, das Lecker oder Spielzeug wird vorenthalten. Durch die Hemmung baut der Hund mehr Tempo auf, schliesslich will er seine Belohnung haben.


Wenn der Hund das soweit begriffen hat, dass er mit Speed nach vorne soll, bringt man das Halten in der Box dazu. Dafür muss man anfänglich Hilfestellung per Schleppleine leisten, damit der Hund die Möglichkeit hat zu verstehen. Die Belohnung findet dann nicht in der Box statt sondern wieder dahinter. Dabei kann man den Abstand zur Belohnung variieren, so dass man bis zur Prüfung die offensichtliche Belohnung "verschwinden" lässt. Da der Hund generell ausserhalb der Box belohnt wird, kommt er nicht auf die Idee innerhalb der Box etwas suchen zu wollen. Man setzt also einen Trainingsschritt an die eigentliche Übung, den man in der Prüfung "schlabbert".


Ähnlich kann man es auch für voraus aufbauen. Man bremst den Hund vor dem Spielzeug mit Platz. Man variiert aber den Abstand bis zu Spielzeug und die Längen, die man bis zum Platz schickt. Damit der Hund kein Tempo verliert, kann er mal bis zum Spielzeug durchlaufen, es aufnehmen und wir spielen mit ihm und belohnen ihn. Ein anderes Mal bremsen wir ihn zuvor und er darf das Spielzeug erst nehmen, wenn wir es "freigeben". Auch hier ist das anschliessende lustvolle Spielen wichtig.


Eine weitere Erwartungshaltung kann man aufbauen, indem der Hund nicht zum Spielzeug geschickt wird sondern man ihn mitten im voraus abpfeift und bei sich ebenfalls mit einem lustvollen Spiel bestätigt, wenn er umgehend angesaust kommt. Wichtig ist, dass man dabei selber Tempo macht und den Hund nicht durch korrektes Vorsitzen o.ä. ausbremsen will. Eine ähnliche Variante der Bestätigung kann man durch einen Helfer machen lassen, wenn der Hund nach vorne läuft.


Letztlich muss es so variantenreich sein, dass der Hund nie weiss, was jetzt kommt. Macht er Platz, macht er kein Platz, wird er reingerufen, wie lang ist der Weg des schickens, muss er über eine Grenze laufen usw. Wenn man das temporeich und lustvoll für den Hund kombiniert, geht einem auch der Speed nach vorne nicht verloren.


Natürlich wird das auf das individuelle Lerntempo des Hundes angepasst und im Notfall geht man lieber einen Schritt zurück und arbeitet noch mal sauber die Basis durch, damit keine Schlamperei dabei rauskommt.


Diese Möglichkeit ist "eleganter" als die andere, dafür aber anspruchvoller umzusetzen, weil man sich wirklich ordentlich was einfallen lassen muss, damit der Hund nicht in eine Routine verfällt und dadurch Tempo verliert.


Auch bei dieser Variante kommt man nicht gänzlich ohne Zwangseinwirkung aus, sie kommt aber nicht so gewaltig aus heiterem Himmel wie in der anderen Variante. Ganz ohne Zwang geht es in der Hundeausbildung ohnehin nicht, weil der Hund genau wissen muss, was richtig und was falsch ist. Bei Zwang sollte man nicht an brüllende und schlagende Zeitgenossen denken, die dem Zwang einen unangenehmen Beigeschmack geben. Bei Zwang sollte man daran denken, dass man seinem Hund nur ganz klar schwarz (Fehlverhalten) und weiss (korrektes, erwünschtes Verhalten) vermittelt. Zeigt er korrektes (weisses) Verhalten ist ihm eine Belohnung gewiss, genau wie bei Fehlverhalten (schwarz) eine Korrektur erfolgt. Einem Hund einzig und allein nur etwas über die positive Schiene beibringen zu wollen, geht in die Hose, weil es nicht zuverlässig ist.



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Beitrag von rb_sijuto » So 26. Okt 2008, 12:18


Hi MadDog - da bin ich aber froh, dass ich anscheinend doch nicht einen ganz langen, völlig unverständlichen Beitrag erstellt habe - Du hast ihn vollkommen richtig interpretiert, danke für die Mühe und die Tipps!


Ich glaube, das "Varieren" (Spielzeug mal hinter/an/vor einer optischen Grenze) werde ich einbauen, allerdings wird das - wie Du auch schreibst - natürlich für mich in der Trainingsvorbereitung anspruchsvoller, aber nun denn.

Auch das "Abpfeifen aus dem Voraus" finde ich interessant, um den Trainingsablauf abwechslungsreicher zu gestalten, natürlich zunächst mit einem Helfer, der zur Not das Spielzeug in Sicherheit bringen kann ...


Das Target-Training aus dem Obedience praktiziere ich eh nicht weiter, weil der Hund "nur noch" Rettungshundearbeit macht und ich die Box nicht mehr brauche. Bei meiner Hündin habe ich übrigens auf diese Weise eine excellente Box hinbekommen, aber meine beiden Hunde haben eh total unterschiedliche Trainingsansprüche. Die Targetmethode passt tatsächlich nicht für jeden Hund - das hat Tom ganz klar gezeigt.


Zu dem "Schwarz-Weiß"-Lernen bzw. Zwangseinwirkungen - Für meine Hunde gilt: Sie tun etwas, um ihre Belohnung zu bekommen - tun sie nicht was ich fordere, bekommen sie die Belohnung nicht, also lohnt sich das Verhalten nicht.

... das ist für mich und meine Hunde genug "Schwarz".


Das Halten bzw. Platz aus der Vorwärtsbewegung baue ich komplett ohne Schleppleine auf - in etwa wie folgt:

Ich täusche einen "Wurf" an, Hund sprintet los - zu Beginn dieses Trainingsaufbaus warte ich den Moment ab, indem der Hund merkt, dass kein Ball geflogen ist und fordere "Stop" oder "Platz" ein - sobald das Kommando befolgt wurde, fliegt der Ball in die Laufrichtung. Zum späteren Trainingszeitpunkt geschieht das im vollen Lauf. Geschieht es zögerlich oder gar nicht, gibt es keine Belohnung.


Zuvor habe ich zusammen mit einem Helfer, der den Hund für mich einfach nur hält, Platz auf Entfernung geübt, der Helfer verhindert anfangs, dass der Hund zum Ausübung des Kommandos auf mich zu kommt.


All diese "Anfänger"-Übungen trainiere ich auch immer wieder im "fortgeschrittenen" Trainingsstadium, so dass die einzelnen Übungsinhalte - Platz auf Entfernung - Platz aus dem Vorwärtslaufen etc. - nicht verloren gehen und wie Du auch schreibst: verschlechtert sich irgendein Teilbereich, gehts wieder zurück auf die Vorstufe ("Back to Kindergarten").


Danke jedenfalls für die Anregungen und den Austausch, ich finde das macht Spaß!


Liebe Grüße

Silke mit

Jule und Tom



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rb_Uschi
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Beitrag von rb_Uschi » So 26. Okt 2008, 12:22

MadDog hat geschrieben:
Wenn der Hund das soweit begriffen hat, dass er mit Speed nach vorne soll, bringt man das Halten in der Box dazu. Dafür muss man anfänglich Hilfestellung per Schleppleine leisten, damit der Hund die Möglichkeit hat zu verstehen.


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Auch bei dieser Variante kommt man nicht gänzlich ohne Zwangseinwirkung aus, sie kommt aber nicht so gewaltig aus heiterem Himmel wie in der anderen Variante. Ganz ohne Zwang geht es in der Zeigt er korrektes (weisses) Verhalten ist ihm eine Belohnung gewiss, genau wie bei Fehlverhalten (schwarz) eine Korrektur erfolgt. Einem Hund einzig und allein nur etwas über die positive Schiene beibringen zu wollen, geht in die Hose, weil es nicht zuverlässig ist.


Hallo,


wir haben das Halten in der Box so aufgebaut:


"Steh" wurde unabhängig von irgendeinem Viereck oder Hupla gelernt. Draußen auf dem Spaziergang z.B.

Steht der Hund zufällig, kommt das Kommando "steh" und auf der Stelle fliegt der Ball.

Das braucht keine fünf Mal und der Hund versteht das.

Das kann man dann variieren. Mal kommt Kommando "steh" aus vollem Lauf, beim Schnüffeln, beim Fußgehen etc. etc. Immer fliegt sofort der Ball, wenn es klappt.

Wenn das sicher sitzt, klappt das in der Box ganz automatisch Der Ball darf auch hier nicht fehlen, auch wenn in der Box eine Beißwurst liegt.

Mal darf der Hund durchlaufen, mal muss er stehen,

mal ins Platz.

Da der Hund nie weiß, was kommt, bleibt er aufmerksam.


Das Spielzeug lag bei uns immer drin in der Box, nur am Tag X bei der Prüfung eben nicht. Wir haben das Spiel also nicht abgebaut.



Zur Korrektur: Das geht nicht mit allen Hunden. Mein Hund wird verunsichert, wenn ich sie korrigiere. Besser ist keine Belohnung und Wiederholung. Sie versteht das und die Freude bleibt.

Das klappt auch so beim Schutzdienst. Wird nicht ordentlich reviert (was man ab und zu ja mal probieren kann, wozu der Umweg? ), wird ihr der Ärmel vor die Füße geworfen. Beim nächsten Versuch klappts dann garantiert.


Viele Grüße

Uschi

[Dieser Beitrag wurde am 26.10.2008 - 11:32 von Uschi aktualisiert]


rb_Konny
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Beitrag von rb_Konny » So 26. Okt 2008, 12:37


Hy Michele


Wie handhabst Du es mit Hunden, wo der Trieb viel zu hoch ist, und sie den Ball, Futter suchen(trotz Schleppleine) und das Kommando Platz ignorieren, obwohl sie es verknüpft haben?


Gruss Konny



Der Weg wächst im Gehen unter Deinen Füssen, auf wunderbare Weise entfaltet sich die Reise mit dem nächsten Schritt.


Frieder Gutscher

www.boyar-vom-drachenhort.de.tl

rb_MadDog
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Beitrag von rb_MadDog » So 26. Okt 2008, 14:00


Irgendwie sind wir jetzt auch beim Thema Zwang gelandet. Das ist ein schwieriges Thema, weil es in Diskussionen immer viel Zündstoff liefert. Ich hoffe, dass wir es in diesem Thread schaffen uns ohne persönliche Bekriegungen auszutauschen, damit er nicht geschlossen wird.


Zwang kann man in sehr vielen Formen ausführen. Man muss dabei nur berücksichtigen, dass man den Zwang auf das Individuum anpasst. Weiterhin sollte man beachten, dass man den Hund nach einer sehr starken Zwangseinwirkung, bei Bedarf, wieder hochholt und ihn nicht dauerhaft in einem "dunklen" (psychischen) Loch verharren lässt. Das also erst mal generell zu Zwang.


Es gibt Hunde, da reicht der "böse Blick" des HF schon aus, um ein Negativverhalten dauerhaft zu hemmen. Es besteht also bei solchen Hunden keinerlei Anlass stärkeren Zwang auszuüben. Reicht der böse Blick nicht aus, muss man den Zwang heraufsetzen. Jetzt machen viele Halter das so, dass sie den Zwang nur minimal heraufsetzen. Heisst, es wird Zwang angewendet, der Hund zeigt 2-3mal erwünschtes Verhalten und fällt in seinen alten Trott. Also wird der Zwang wieder minimal erhöht, mit demselben Ergebnis. Irgendwann ist man so weit, dass man extrem Zwang ausüben muss, damit der Hund wie gewünscht reagiert. Der Hund wird durch Minimaleinwirkungen mental immer stärker und zeigt sich immer unbeeindruckter. Das ist eine Geschichte, die mal gewaltig nach hinten los gehen kann, weil der Halter selber mental nicht mehr in der Lage ist, den Zwang auszuüben, den er eigentlich ausüben müsste, damit ein für alle Mal geklärt ist, wer das Sagen hat.


Das Pendant dazu sind die Halter, die zwangfrei agieren und wo der Hund macht, was er will. Solche Hunde kommen mit Druck dann zunächst überhaupt nicht klar. Einen solchen Kundenhund hatte ich vor kurzem. Der Rüde ist normal selbstbewusst, hatte eine lange Krankheitsgeschichte und sehr liebe Halter, die Rücksicht auf ihn genommen haben. Als ich von dem Hund verlangte, dass er sich beim 2. Kommando setzt und dies durchsetzte, klappte dem das Rollo runter. SO hatte ihn noch nie jemand behandelt! Ich hatte ihn lediglich nach der 2. Ansage ans Halsband gefasst und mit der anderen Hand Druck auf sein Hinterteil ausgeübt. Eigentlich für einen selbstbewussten Hund kein Drama. Für diesen Hund schon, denn er war es nicht gewohnt, dass jemand vorbei kommt und das, was er sagt auch durchsetzt. Ich bekam also meine Quittung indem er blitzschnell herumschoss und nach der Hand schnappte, die sein Hinterteil begrenzte. Erfolg war ihm dabei nicht beschieden, denn ich zog zwar die Hand genauso schnell zurück, liess ihn aber am Halsband nicht fort und verlangte erneut sitz. Diesmal setzte er sich sofort und wurde auch entsprechend belobigt. Danach brauchte es nur noch einen Finger am Po um ihn zu blitzschnellem Hinsetzen zu bringen. Übrigens - der Hund kannte das Kommando. Nicht, dass jemand glaubt, ich würde das jedem Hund so beibringen. Er hatte durch seine inkonsequenten Halter allerdings gelernt, dass er das Kommando irgendwann ausführen kann, denn sie wiederholten es so lang bis er die Güte besass sich zu setzen.


Es ist also mit dem Zwang nicht ganz so einfach, wenn man den Hund einerseits nicht mental stärken will, andererseits aber auch nicht ausschliesslich zwangfrei arbeiten kann (wie man am obigen Beispiel sieht).


Wie gesagt, wenn ein Hund auf minimalste Einwirkung nachhaltig ein verbessertes Verhalten zeigt, dann ist die Menge der Einwirkung passend. "Diskutiert" der Hund jedoch immer wieder, habe ich zu wenig Druck ausgeübt. D.h. nicht, dass man seinem Hund nicht einen schlechten Tag zugestehen könnte oder nicht mal 5 grade sein lässt. Wenn der Hund jedoch permanent aufmüpft, muss ich meinen Druck verstärken.


Bei Sijuto und Uschi scheint der angewandte Zwang ausreichend, denn die Hunde diskutieren nicht permanent sondern fragen zwischendrin nur mal an, ob man es ernst meint und sind durch Vorenthalten der Belohnung wieder für längere Zeit auf dem richtigen Weg. Absolut okay und für solche Hunde würde ich auch nicht mehr Zwang einsetzen.


Ich führe jedoch generell Hunde, die ich mit dieser Menge Druck nicht beeindruckt kriege. Die kichern sich höchstens in die Pfote und machen es beim nächsten Mal wieder nicht gescheit. Sie versuchen also mit mir zu diskutieren. Bei diesen Hunden wende ich mehr Zwang an, vergessse aber auch nicht, sie sofort seeeeehr ausgiebig zu belobigen, wenn das erwünschte Verhalten gezeigt wird. Wie schon geschrieben, der Zwang kommt auf den einzelnen Hund an.


@ Konny


Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder massiver Abbruch des suchens und genauso energisches einfordern des Platz. Oder - der Hund lernt sich zurückzunehmen.


Ich bevorzuge die zweite Variante, bei extrem triebstarken und temperamentvollen Exemplaren. Sie lernen, dass in der Ruhe die Kraft liegt und nur diese zum Erfolg führt. Genau das gleiche gilt für den HF. Man neigt unbewusst bei solchen Hunden dazu sie zu schnell zu bestätigen. Man muss also hergehen, hemmen und sich unbeeindruckt jedweden Zaubers des Hundes gegenüber zeigen.


Bei solchen Hunden scheitert es oftmals schon daran, wenn man mit ihnen Apportierspiele macht, dass sie sich nicht beherrschen können. Sie springen wie die HB-Männchen um einen herum, bellen und extreme Exemplare kommen auf Gesichtshöhe gesprungen und manche deuten dabei einen Schnapper an. Solche Hunde haben sich einfach nicht im Griff und werden fatalerweise von vielen Haltern noch unbewusst unterstützt, die in diesem Moment das Spielzeug werfen um sich den Hund vom Hals zu schaffen.


Man bleibt in einem solchen Moment stehen und wenn der Hund zum Sprung ansetzt, dreht man sich seitlich weg, dass er ins Leere springt. Man darf sich jedoch dabei keinen mm nach hinten bewegen, denn sonst meint der Hund, er habe uns beeindruckt. Wenn man das erstmalig macht, sind solche Hunde total perplex und befinden sich kurzzeitig in einer Ruhephase und just in diesem Moment fliegt das Spielzeug. Wenn man es perfekt timt, hat man solche Kandidaten innerhalb weniger Tage soweit, dass sie sich am Riemen reissen und den HF nicht mehr belästigen.


Das kann man dann über Gehorsam weiter steigern. Man lässt den Hund in Grundstellung absitzen und macht dann aber nicht den Fehler das Spielzeug zu werfen, wenn er sitzt sondern erst dann, wenn er Blickkontakt aufnimmt. Schiesst er dennoch los, wird er korrigiert (immer an der Leine üben, damit man Einfluss hat) und wieder in die Grundstellung verbracht. Wenn dann die kurze Kontaktaufnahme erfolgt, wird der Hund geschickt. Dann steigert man langsam den Zeitpunkt der Kontaktaufnahme und variiert, so dass der Hund nie weiss, wie lang er Blickkontakt zu uns halten soll. Man kann den Hund auch neben sich ablegen usw.


Man kann weiter üben, dass der Hund das Spielzeug nur auf ein bestimmtes Kommando nimmt. Alles andere wird gehemmt. Ist ähnlich wie mit dem "freien" Apportierspiel. Man setzt sich beispielsweise irgendwo entspannt hin und hält dem Hund das Spielzeug sehr dicht vor. Wenn der Hund greifen will, wird er durch Abbruchkommando (das er natürlich kennt) gehemmt. Ist er ruhig, darf er auf Kommando das Spielzeug nehmen und man spielt mit ihm. Wenn der Hund das Prinzip verinnerlicht hat, fängt man an nach und nach Beutereize zu setzen und bestätigt wieder erst, wenn der Hund ruhig ist. Das kann man später dann einfordern, wenn der Hund auf Kommando liegt, sitzt oder steht.


Das ist ein recht umfangreiches Programm, wenn man das jedoch konsequent trainiert, sieht man nach 4 Wochen riesige Erfolge. Durch Ideenreichtum lässt sich das weiter steigern, so dass es dem Hund irgendwann in Fleisch und Blut übergeht, dass ihn nicht Zauber zum Erfolg bringt sondern Ruhe.


Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass ich nicht nur eine Übung korrekt trainiert habe sondern dem Hund generell beibringe, dass ihn immer nur Ruhe zum Erfolg bringt. Das wirkt sich ebenfalls positiv auf Drängler im SD aus oder auf Hunde, die bei der UO zu sehr hampeln.


Manchmal muss man sich einfach Zeit nehmen und kann so in einem Aufwasch gleich mehrere Baustellen (mit gleicher Problemstellung) abarbeiten.



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rb_Uschi
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Beitrag von rb_Uschi » So 26. Okt 2008, 14:30


Hallo Michèle,


wenn das, was Du mit dem "Sitz" bei diesem Hund beschreibst, schon Zwang ist, also die Hand auf dem hinteren Rücken und Druck, dann ist es doch eigentlich auch schon Zwang, wenn ich den Hund an der Leine habe, damit er mir bei Katzensicht nicht auf die Straße rennt. Ein "Nein" ist auch Zwang in dem Sinne.

Oder man könnte es noch weiter treiben, allein schon, dass ich einen Zaun ums Grundstück habe, und ihn dadurch daran hindere, alleine spazieren zu gehen.


Vielleicht müssen wir uns einigen, was wir unter Zwang verstehen. Wo fängt er an?


Viele Grüße

Uschi


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Beitrag von rb_MadDog » So 26. Okt 2008, 15:07


Genau, Uschi. All das ist schon Zwang. Ich habe mir angewöhnt, das so eng zu stecken, weil man damit ja tatsächlich die freie Entscheidung des Hundes nimmt und andererseits um der Fraktion von Wattebauschwerfern zu erklären, dass KEINER ohne Zwang in der Hundeerziehung auskommt.


Der Einsatz von Zwang wird häufig mit notorischen Brüllern und Schlägern assoziert, wie man sie zuhauf antreffen kann. Das hat für mich aber nichts mit Zwang zu tun, das sind Leute, die sich einfach nicht beherrschen können. D.h. nicht, dass es bei mir nicht auch mal einen Brüll gäbe oder einen Schlag. Wenn ich brülle, dann, weil ich damit anbretternde fremde Hunde ausbremsen kann oder es beim eigenen Hund als eine Art "Notbremse" nutze. Funktioniert einwandfrei, weil ich zwar mal laut werde, aber nicht brülle. Und wenn ich brüllen schreibe, dann meine ich brüllen, dass manch einem die Ohren abfallen


Ebenso ist es mit einem Schlag, den ich ja dosieren kann. Sei es ein Klaps auf den Fang oder auch ein sehr energischer Schlag auf die Nase, wenn mich ein Hund beissen will. Wichtig ist, dass man Zwang ohne aufgestaute Wut oder Ärger ausübt. Man darf also ärgerlich sein, aber nicht auf 180, denn das führt dazu, dass die Selbstbeherrschung flöten geht. Das ist dem Hund gegenüber absolut unfair, weil man sich in der Hundewelt nicht mit massiver Wut im Bauch korrigiert sondern kurz und knackig.



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rb_Freddy
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Beitrag von rb_Freddy » So 26. Okt 2008, 15:59


Hallo Uschi,


ich hab da mal eine(vielleicht dumme) Frage:


Uschi schrieb: "Steh" wurde unabhängig von irgendeinem Viereck oder Hupla gelernt. Draußen auf dem Spaziergang z.B.

Steht der Hund zufällig, kommt das Kommando "steh" und auf der Stelle fliegt der Ball.


Was verstehst du unter: "fliegt der Ball".


Wirfst du ihm den Ball zu? Was passiert wenn du daneben wirfst? Läuft dann nicht der Hund hinterher?


LG

Freddy


PS:Bei Felix habe ich zwei Kommandos: "Halt"(Auf der Stelle stehenbleiben) und "Warte" (locker warten; weniger Abstand zu mir).Ich muss aber zugeben das beide Befehle unter starker Ablenkung(Wild) nicht 100% klappen.



Die Treue eines Hundes ist ein kostbares Geschenk,

das nicht minder bindende moralische

Verpflichtungen auferlegt als die Freundschaft

eines Menschen.

(Konrad Lorenz)

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