MadDog hat geschrieben:Irgendwie sind wir jetzt auch beim Thema Zwang gelandet. Das ist ein schwieriges Thema, weil es in Diskussionen immer viel Zündstoff liefert. Ich hoffe, dass wir es in diesem Thread schaffen uns ohne persönliche Bekriegungen auszutauschen, damit er nicht geschlossen wird.
Hi MadDog - das hoffe ich auch! Dafür finde ich das Thema und einen Austausch über Ausbildungsvarianten viel zu interessant! Meinen Standpunkt zum Thema Zwang möchte ich aber auch gerne los werden ...
MadDog hat geschrieben:Es gibt Hunde, da reicht der "böse Blick" des HF schon aus, um ein Negativverhalten dauerhaft zu hemmen. Es besteht also bei solchen Hunden keinerlei Anlass stärkeren Zwang auszuüben. Reicht der böse Blick nicht aus, muss man den Zwang heraufsetzen. Jetzt machen viele Halter das so, dass sie den Zwang nur minimal heraufsetzen.
Heisst, es wird Zwang angewendet, der Hund zeigt 2-3mal erwünschtes Verhalten und fällt in seinen alten Trott. Also wird der Zwang wieder minimal erhöht, mit demselben Ergebnis.
Irgendwann ist man so weit, dass man extrem Zwang ausüben muss, damit der Hund wie gewünscht reagiert. Der Hund wird durch Minimaleinwirkungen mental immer stärker und zeigt sich immer unbeeindruckter.
Zunächst einmal richtig beschrieben - entscheidet man sich dafür, aversiv einzuwirken, muss die erste Einwirkung angemessen stark sein. Ein Gewöhnungeffekt (kleine Einwirkung - etwas heftigere Einwirkung) führt zur Gewöhnung, das Einwirken ist wirkungslos.
Mein Interesse liegt aber darin, die Ausbildungsmethode so optimal auf den Hund abzustimmen, dass er gar nichts anderes will, als das, was ich fordere. Stimmt die Motivation und die Ausbildungsmethode, benötigte ich keine oder nur kleinste Zwangseinwirkungen.
MadDog hat geschrieben:Das Pendant dazu sind die Halter, die zwangfrei agieren und wo der Hund macht, was er will. Solche Hunde kommen mit Druck dann zunächst überhaupt nicht klar. Einen solchen Kundenhund hatte ich vor kurzem. Der Rüde ist normal selbstbewusst, hatte eine lange Krankheitsgeschichte und sehr liebe Halter, die Rücksicht auf ihn genommen haben. Als ich von dem Hund verlangte, dass er sich beim 2. Kommando setzt und dies durchsetzte, klappte dem das Rollo runter. SO hatte ihn noch nie jemand behandelt! Ich hatte ihn lediglich nach der 2. Ansage ans Halsband gefasst und mit der anderen Hand Druck auf sein Hinterteil ausgeübt. Eigentlich für einen selbstbewussten Hund kein Drama. Für diesen Hund schon, denn er war es nicht gewohnt, dass jemand vorbei kommt und das, was er sagt auch durchsetzt. Ich bekam also meine Quittung indem er blitzschnell herumschoss und nach der Hand schnappte, die sein Hinterteil begrenzte. Erfolg war ihm dabei nicht beschieden, denn ich zog zwar die Hand genauso schnell zurück, liess ihn aber am Halsband nicht fort und verlangte erneut sitz. Diesmal setzte er sich sofort und wurde auch entsprechend belobigt. Danach brauchte es nur noch einen Finger am Po um ihn zu blitzschnellem Hinsetzen zu bringen. Übrigens - der Hund kannte das Kommando. Nicht, dass jemand glaubt, ich würde das jedem Hund so beibringen. Er hatte durch seine inkonsequenten Halter allerdings gelernt, dass er das Kommando irgendwann ausführen kann, denn sie wiederholten es so lang bis er die Güte besass sich zu setzen.
Ich finde, da hast Du ein unglückliches Beispiel gewählt.
Zunächst einmal - selbst mein Jule-Lämmelein würde sich von Dir nicht mit dem Po auf den Boden drücken lassen - sie stemmt in solchen Situationen alles gegen die die drückende Hand, was sie hat.
Ganz klar: Druck erzeugt Gegendruck.
OK, schnappen würde sie nicht, aber trotzdem, die würde Dich auslachen.
Dann die Aussage: "Der Hund kannte das Kommando".
Das war ein Kundenhund laut Deiner Aussage. Es mag ja sein, dass er das Kommando kennt aber warum sollte der bitte die Kommandos von Dir (Fremdperson!) befolgen?
Wenn denn dann auch noch der vielleicht etwas unbeholfene Halter beim nächsten Mal, wenn der Hund ein Kommando ignoriert Dein "Eingreifen" nachahmt und sein eigener Hund nach ihm schnappt (und ihn vielleicht auch noch erwischt) - ist der Bock fett und der Hund vielleicht sein Zuhause los ...
MadDog hat geschrieben:Es ist also mit dem Zwang nicht ganz so einfach, wenn man den Hund einerseits nicht mental stärken will, andererseits aber auch nicht ausschliesslich zwangfrei arbeiten kann (wie man am obigen Beispiel sieht).
Ich sehe am obigen Beispiel weniger, dass man nicht ohne Zwang "arbeiten" kann, sondern eher, wie problematisch der Einsatz von Zwang ist ...
MadDog hat geschrieben:Wie gesagt, wenn ein Hund auf minimalste Einwirkung nachhaltig ein verbessertes Verhalten zeigt, dann ist die Menge der Einwirkung passend. "Diskutiert" der Hund jedoch immer wieder, habe ich zu wenig Druck ausgeübt.
Erst mal gehe ich davon aus, dass ich es dann nicht geschafft habe, den Hund für die auszuübende Aufgabe entsprechend zu motivieren bzw. irgendeinen anderen Ausbildungsfehler reingebaut habe. Über zu viel/zu wenig Druck denke ich erst mal gar nicht nach.
MadDog hat geschrieben:Bei Sijuto und Uschi scheint der angewandte Zwang ausreichend, denn die Hunde diskutieren nicht permanent sondern fragen zwischendrin nur mal an, ob man es ernst meint und sind durch Vorenthalten der Belohnung wieder für längere Zeit auf dem richtigen Weg. Absolut okay und für solche Hunde würde ich auch nicht mehr Zwang einsetzen.
Ich führe jedoch generell Hunde, die ich mit dieser Menge Druck nicht beeindruckt kriege. Die kichern sich höchstens in die Pfote und machen es beim nächsten Mal wieder nicht gescheit.
Den Satz, den ich besonders interessant finde, habe ich mal unterstrichen. Mit Verlaub, Du möchtest doch Deinen Hunden auch einfach nur etwas beibringen, das ist das Ziel. Ziel ist nicht "den Hund zu beeindrucken". Kann der Hund etwas nicht, führt er einen Befehl nicht korrekt aus, dann sollte man zunächst davon ausgehen, wie man es ihm besser beibringen kann und nicht denken, der hinterfragt, ob ich es ernst meine ...
Es geht doch zunächst mal um Ausbildungsdefizite nicht um Rangordnungsgedönse!
Und mit Verlaub, Du kennst meine Hunde nicht (ich Deine natürlich auch nicht .) Du deutest die Aussage, dass wir (Uschi und ich) relativen Erfolg mit relativ wenig "Ausüben von Druck" (bzw. hauptsächlich Vorenthalten der Belohnung bei Nichtausübung/schlechter Ausübung) haben dahingehend, dass wir kooperative, "leichte" Hunde haben. Hätten wir solche wie Du sie führst, kämen wir ohne mehr Druck nicht weiter - ich finde, da machst Du es Dir ein wenig zu einfach. Wie gesagt, Du kennst meine Hunde nicht .
MadDog hat geschrieben:Wie schon geschrieben, der Zwang kommt auf den einzelnen Hund an.
Es würde Hund und Halter sehr viel zufriedener machen, sich mehr Gedanken über Art/Qualität der Belohnung, Qualität der Motivation des Hundes, Qualität der Ausbildungmethodik zu machen als über mögliche Zwangseinwirkungen ...
Ansonsten kann ich Dir eigentlich vollkommen zustimmen. Ganz ohne "Schwarz" geht es nicht.
Klappt etwas nicht, liegt das aber zumeist nicht daran, dass ich den Hund nicht genug "beeindruckt" habe ...
Hoffentlich können wir noch ganz entspannt ein wenig weiter diskutieren ...
Liebe Grüße
Silke
mit Jule und Tom
Lämmelein Jule und der moZ Tom