Rettungshund als Tröster

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Kirsten
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Rettungshund als Tröster

Beitrag von Kirsten » Fr 9. Aug 2019, 13:48

Hallo!
Gestern klingelte um 15.27 Uhr das Handy: Katastrophenschutzeinsatz: Bombenfund in Hamburg-Wilhelmsburg.
Unsere Rettungshundestaffel Hamburg und Harburg geht nicht nur in Rettungshundeeinsätze, sondern auch in Katastrophenschutzeinsätze. Bei Bombenfund, Sturmflut oder anderen Katastrophen fahren wir mit den Einsatzfahrzeugen Warnruten mit Lautsprechern auf dem Dach ab und versorgen Einsatzkräfte und Zivilisten mit Essen und Trinken.
Ich konnte um 15.27 Uhr nicht sofort von der Arbeit weg, aber doch deutlich vor dem eigentlichen Feierabend. so half ich bei einer Schule Kaffee kochen und ausgeben von Essen und Getränke. Rati ist immer dabei - als Trümmerhund auch wichtig, falls die Bombe doch nicht entschärft werden konnte und es zur Explosion gekommen wäre. Zwischendurch ging ich mit Rati also mal spazieren. Auf dem Schulgelände ging Rati freudig zu einem älteren Mann mit Stock. Er streichelte Rati und ging dann zur nahen Bank und lockte Rati neben sich auf die Bank. Er sagte mir, daß sein Opa einen Airedale Terrier hatte, doch der wurde 1943 an seinem 10.Geburtstag von der Armee eingezogen und kam nie wieder heim. Der ältere Herr wollte später immer einen Airedale Terrier haben, aber seine Frau wollte einen Dackel und so hatte er mit seiner Frau 2 Dackel, die beide sehr alt wurden - aber ein Dackel ist kein Airedale Terrier... Während er mir das alles erzählte, streichelte er sehr liebevoll Rati, der es sehr genoß. Der Herr hatte sehr große Angst, daß er sein Zuhause und seine 2 Wellensittiche (die er nicht mit nehmen konnte) durch die Bombe verlieren würde. Dann fing er an zu weinen und weite Rati ins Fell, er hatte Rati fest umarmt. Dann lockerte er die Umarmung von Rati und Rati leckte ihm eine Träne von der Wange. Dem Herren war es sehr peinlich, daß er seine Fassung verloren hatte. Er erzählte auch, daß er mit seiner Mutter und Schwester 1944 im Keller bei einem Bombenangriff in Hamburg verschüttet wurde und nur seine kleine Schwester hatte mit ihm überlebt. Er wollte das nicht wieder erleben. Mich haben seine Erzählungen auch traurig gemacht, aber Rati hörte gut zu und tröstete den Herrn wohl mehr als ich es gekonnt hätte. Dann stand er auf, entschuldigte sich bei mir, daß er mich mit seiner Geschichte aufgehalten hatte und bedankte sich bei Rati, daß er so geduldig war. Später holte sich der Herr noch Tee und Kekse.
Die Bombe wurde gut entschärft und alle konnten wieder in ihre Wohnungen. Er freute sich, daß gestern alles gut abging und er wieder zu seinen Vögeln durfte.
Ich mußte gestern den ganzen Abend noch an den alten Mann denken... - um 21.15 Uhr war der Einsatz zu Ende.
Tschüß Kirsten und Rati

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Empisandrea
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Empisandrea » Fr 9. Aug 2019, 15:08

Hallo Kirsten!
Was für eine rührende Geschichte. Ich hatte irgendwie einen Kloß im Hals. Rati ist ein echter Allrounder. Trümmer, Lawinen, Wald und nun auch Seelentröster. Er kann alles :brav :dog_biggrin :herat
Freundschaft heißt, was Dich und mich in Freud und Leid verbindet,
und immer enger wird dies Band, je mehr die Zeit entschwindet.

Asco
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Asco » Fr 9. Aug 2019, 15:29

Hallo Kirsten,
toll das auch Rettungshunde als Seelentröster geeignet sind, mich hat Deine Geschichte sehr berührt, da ich vor einigen Wochen beim Spazierengehen ein älteres Ehepaar getroffen habe, die sofort auf Asco zugegangen sind und mir erzählten das ihre Großeltern auch einen Airedale hatten der dann von der Wehrmacht als Kriegshund eingezogen wurde, der Mann hatte noch sehr viele und lustige Erinnerungen an den noch sehr jungen Hund der dann eingezogen wurde, leider konnten die Leute keinen Hund halten.
LG Sonja

Lena
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Lena » Fr 9. Aug 2019, 17:07

Hallo Kirsten,
so eine schöne, anrührige Geschichte. Ich habe schon oft festgestellt, daß gerade die älteren Menschen gute Erinnerungen aus ihrer Jugend und Kindheit an den Airedale haben.
Wie schön, daß Rati den älteren Herrn trösten konnte.

LG Lena

Elli2018
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Elli2018 » Fr 9. Aug 2019, 19:12

Hallo Kirsten,
beim Lesen deiner Zeilen sind mir doch glatt die Tränen gekommen. Sie ist so schön und traurig zugleich.
Hunde öffnen Herzen und Türen, das ist einfach nur schön!

Das sogar Hunde im Krieg eingezogen wurden, war mir vollkommen neu. Sehr interessant, da werde ich gleich einmal recherchieren.

Liebe Grüße Elli mit Elsa

Lena
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Lena » Fr 9. Aug 2019, 19:42

Hallo Elli,
Elli2018 hat geschrieben:
Fr 9. Aug 2019, 19:12
Das sogar Hunde im Krieg eingezogen wurden, war mir vollkommen neu.
wirklich, hast du das nicht gewußt? Der Airedale gilt als der Kriegshund schlechthin, er wurde als Sanitäts- und Meldehund eingesetzt. Das hatte zur Folge, daß es in den Nachkriegsjahren kaum Airedales in Deutschland gab, die Rasse war schlechthin ausgemerzt.

Ich mein, in dem Buch von Bardeleben, steht auch ein Beitrag zum Airedale in Kriegszeiten.

LG Lena

Elli2018
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Elli2018 » Fr 9. Aug 2019, 20:12

Hallo Lena,
dass der Airedale vor allem im ersten Weltkrieg eingesetzt wurde, ist mir schon bekannt, aber dass private Hunde den Leuten weggenommen (eingezogen) worden sind, das war mir neu. Beziehungsweise habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wo die Hunde für den Einsatz her kamen.

LG Elli mit Elsa
Zuletzt geändert von Elli2018 am Fr 9. Aug 2019, 20:43, insgesamt 2-mal geändert.

Lena
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Lena » Fr 9. Aug 2019, 20:28

Elli2018 hat geschrieben:
Fr 9. Aug 2019, 20:12
Hallo Lena,
dass der Airedale vor allem im ersten Weltkrieg eingesetzt wurde, ist mir schon benannt, aber dass private Hunde den Leuten weggenommen worden (eingezogen) sind, das war mir neu. Beziehungsweise habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wo die Hunde für den Einsatz her kamen.

LG Elli mit Elsa
Doch, klar wurden die eingezogen, sprich den Menschen abgenommen. Wo hättten die sonst die Hunde herkriegen sollen?

Traurig der Gedanke, wie gut, daß ich solche Zeiten nicht erlebt habe. Mein Hund im Krieg an der Front, unvorstellbar der Gedanke.

LG Lena

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Bettina
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von Bettina » Sa 10. Aug 2019, 10:04

Hallo zusammen,

wir sollten jeden Tag dankbar sein, in was für freie, friedliche Zeiten wir doch hinein geboren wurden und darin leben dürfen!

Wenn ich mir in heutigen Zeiten vorstelle, daß ich meiner Hunde enteignet würde, nur um einem Verrückten zum Endsieg zu verhelfen, dann ..... ich weiß gar nicht und will das auch gar nicht weiter denken! :sick:

Kirsten, eine sehr anrührige Geschichte, die auch zeigt, wie wichtig es ist, anderen zuzuhören, ihnen Zeit zu schenken. Ich glaube, der alte Herr wird sich noch lange an dieses "Bomben"-Erlebnis und vor allem an Rati erinnern.

Liebe Grüße
Bettina
Das Beste am Norden....ist wieder komplett!

Carlotta und Curtis

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Für immer in unseren Herzen: Conrad und Amanda

SiWolke
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Re: Rettungshund als Tröster

Beitrag von SiWolke » Mo 12. Aug 2019, 17:42

Danke für diese wunderbare Geschichte!
:thumbup:
Quira, Torri, Mickey, Sam R.I.P. aktuell: Perle

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