Teenie in Liebesnot

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Morgenstern
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Teenie in Liebesnot

Beitrag von Morgenstern » Sa 19. Jan 2019, 15:20

Hallo ihr Lieben,

in unserer Gegend ist derzeit alles voller läufiger Hündinnen. Und Kalle, 16 Monate, steht der Schaum vor dem Munde.
Ich würde einfach gern mal hören, wie sich eure unkastrierten Rüden da so entwickelt haben.
Kalle liebt Hündinnen. Auch vor der Läufigkeit und nach der Läufigkeit, wenn sie eine Gebärmutterentzündung haben oder wenn kastrierte Rüden sehr gut riechen, möchte er ihnen seine Liebe geben. Er klappert mit den Zähnen, er sabbert, er schleckt Ihnen die Genitalien ab und dann fängt er, wenn jemand stehen bleibt, an zu rammeln.Vorher stellt er natürlich seine Ohren auf Durchzug.
Ich, das doofe Frauchen, unterbinde Aufreiten jeglicher Art und pflücke regelmäßig meinen rammelnden Hund von einem anderen, der das blöderweise duldet, herunter.
Jetzt, da besonders viele gute Gerüche in der Welt sind, da viele in der Umgebung läufig, läuft er sehr schnell auf Hochtouren. Ich versuche, sehr früh zu erkennen, wenn er in Erregung gerät, aber leider verbessert er seine Taktik, meinem Zugriff flutschig wie ein Aal zu entkommen :dog_blink .
Wir üben in der Hundegruppe sogar gezielt; da ist auch eine Hündin, eigentlich kastriert, die so unfassbar läufig riechen muss und ihm auch so gar nichts entgegensetzt, der fällt nur ein sich hinzusetzen und dann züngelt er schäumend unter ihrer Rute herum... Dort versuchen wir ihm zu vermitteln, was er zu unterlassen hat, aber es ist halt der wohl stärkste seiner Triebe, der da ruft, so stark kann ich nicht rufen.
Arbeiten tut er übrigens erstaunlich problemlos, wenn ich für ein wenig Abstand sorge, auch heute neben einer Hündin, die gerade durch war und noch hervorragend roch, aber wehe, wenn es noch Freilauf gibt...
Kalle hat deshalb derzeit immer eine Schleppleine dran, so lässt er sich besser greifen. Ich muss immer ganz genau schauen, wie sich sein Verhalten entwickelt, ob er wieder in Wallung gerät.
Leider ist er da auch ziemlich penetrant, selbst wenn ihm ein gut riechender Kastrat (die Menschen dazu wissen ja auch meist, dass ihr Hund oft von Rüden angebaggert wird) oder eine Hündin sehr deutlich sagt, dass er/sie das nicht wolle - er probiert es immer wieder. Ich hatte gehofft, dass er es dann schneller lernt.

Ich stelle mir das in etwa so vor, wie bei einem Menschenteenie, pickelig und voller Imponiergehabe und ständig Erektionen und Erregungszustände happy_02 :dog_rolleyes . Dann müsste es ja mit zunehmender Reife besser werden.

Nun hat er durch die ganze Aufregung auch einen leichten Präputialkatarrh, den ich täglich mit Tee spüle. Bestimmt auch nicht schön für ihn.

Wie war das bei euren Rüden?
Habt ihr noch einen Tipp, wie ich effektiver auf ihn einwirken kann?
Könnt ihr mit Mut machen? :dog_rolleyes

Lieber Gruß
Birgit
Intuition und Heiterkeit

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lutz
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Re: Teenie in Liebesnot

Beitrag von lutz » Sa 19. Jan 2019, 16:43

Hallo Birgit,

klar kann ich Dir als ehemaliger Halter von 2, selbstverständlich intakten, Airedalerüden vor Greta Mut machen, aber erst einmal musst Du da jetzt durch.
Gerade wenn die Rüden zu Anfang ihrer Geschlechtsreife das erste, zweite oder auch das dritte Mal im Umkreis in den Genuss vom Geruch läufiger Hündinnen kommen drehen sie schwer am Rad, aber keine Sorge danach wird sich das schon insoweit normalisieren dass es es erträglich wird.
Aber das sind eben die Triebe und der Geschlechtstrieb ist von allen der Stärkste und mit Erziehung kommt man da nicht allzuweit.

Es ist übrigens das einzige und letzte Mal dass ich einen Hund geschlagen habe als mir mein Dingo in der Marsch beim Ausgang doch einfach abgehauen ist und im Schweinsgalopp zu den Häusern zurückgelaufen ist wo ich ihn dann vor der Haustür einer heißen Hündin wieder gefunden habe. Da habe ich ihm mit der Leine kräftig welche übergezogen, seinen verständnislosen und entsetzten Blick habe ich noch gut in Erinnerung behalten.Ich wusste es mit 18 Jahren Ende der 50er des vorigen Jahrhunderts eben noch nicht besser und Dingo war da auch eben gerade 1,5 Jahre. Heute würde mir das natürlich nicht mehr passieren.

Auch von meinem Joker hatte ich noch nie vorher so grauselige Laute im Haus vor der Ausgangstür gehört als er das erste Mal läufige Hündinnen in die Nase bekommen hatte. Das ging rund um die Uhr am Tag und in der Nacht. Auch das Fressen wurde verweigert. Er hat schon sehr gelitten. Aber das auf "hohem Niveau" und kastriert werden wollte er ja sicher auch nicht werden. Aber im Laufe der Jahre lässt denn diese Hypersexualität schon nach darauf kannst Du dich verlassen auch wenn diese Zeit augenblicklich eben sehr an den Nerven zehrt.

Jetzt habe ich Greta und die müsste als erfahrene Hündin jetzt in ca. 3 Wochen auch wieder läufig werden, ich merke das denn immer daran dass sie einige Wochen vorher schon vor unserem ersten Ausgang um 5.30 Uhr mich morgens schon aus dem Bett schmeißt weil sie dringend auf die Straße muss um alle Stellen die gut nach Rüde riechen zu markieren um denen schon mal rechtzeitig Bescheid zu sagen dass sie bald soweit ist. Da wird denn vorher auch jeder Grashalm albgeschnüffelt ob da wohl ein Rüde rangepinkelt hat und unser erster Rundgang dauert doppelt so lange wie normal.

Das ist natürlich jetzt noch nicht so anstrengend wie einen jungen liebeskranken Rüden reglementieren zu müssen, aber dafür müssen wir denn eben ganz schön aufpassen wenn die richtige Läufigkeit eingesetzt hat.

Also ich sehe das so dass es so ziemlich egal ist ob man einen Rüden oder eine Hündin hat in diese kritischen Zeiten wo die Hormone ihr Recht fordern. Mit Geduld und Verständnis für die Hunde sollte man schon damit klar kommen. Ich sage mir immer wenn ich die Hunde fragen würde ob sie denn lieber von ihrem "Leiden" durch eine Kastration erlöst werden wollen würden sie es ziemlich sicher alle verneinen. Zu einem normalem Hundeleben gehört das ganz einfach dazu und wir müssen das eben managen.

Und wir sollten nicht vergessen In Hundekreisen ist ein Kastrat eben auch ein Nobody und bekommt keine Anerkennung von intakten Artgenossen sondern wird als kastrierter Rüde höchstens von anderen Rüden besprungen und von intakten Hündinnen weggebissen, deswegen ist eine Kastration für mich als Alternative zu diesem "Leiden auf hohem Niveau" nie in Frage gekommen.
Ich finde Kalles Verhalten hört sich doch recht normal für so einen jungen Hund an. Ohren steif halten und durchhalten, alles wird gut.

Viele Grüße von lutz mit Greta
Die Beziehung zwischen einem Mann und seinem Hund ist heilig,
was die Natur vereint hat, soll keine Frau trennen.

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Re: Teenie in Liebesnot

Beitrag von Morgenstern » Fr 25. Jan 2019, 17:52

Danke Lutz, das macht mir etwas Mut!
Kalle hat jetzt vor lauter Liebeskummer fast ein Kilo abgenommen, weil er morgens nach seiner Runde einfach nichts herunterbekommt vor lauter Aufregung :dog_unsure . Aber der Tierarzt, bei dem wir heute zum Röntgen waren, fand das normal, ist auch guter Hoffnung, dass es mit zunehmender Reife besser wird. Sein Präputialkatarrh ist mit unseren Tee-Spülungen gut behandelt. Er hält genau wie ich nichts von Kastration, wenn keine medizinische Indikation vorliegt und er wird bei solchen Themen nicht müde, das zu erzählen, weil wohl doch viele Hundehalter dies fix als Lösung in Erwägung ziehen.

Kalle ist mir neulich auch abgehauen, einer sehr gut riechenden, aber kastrierten Hündin hinterher, die sich entschlossen hatte, nach Hause zu rennen :dog_wacko . Sie haben sogar eine Straße überquert, glücklicherweise nur unsere 30-Zone und unversehrt. Ist natürlich Mist. Wenn er mir abhaut, was er leider schon ein paar mal getan hat (aber immer nur knapp außer Sicht und war nach einer halben Minuten wieder da), dann bekommt er schon eine Ansage (sofern er sich nicht selbständig zu mir zurückbewegt hat), aber ich tue ihm nicht körperlich weh.
Ich muss zugeben, dass ich ihm neulich auch mal eine gezogen habe. Da ist er super aufgeregt, weil wir jetzt etwas mit seinem Dummy machen, an mir hochgesprungen und hat mir kräftig und so, dass es wehtat und blaue Flecken gab, in den Arm gehappst. Da hab ich ihm reflexartig eine verpult, aber nicht mit der Leine. Er war kurz sehr beeindruckt, und hat von dem Moment an tatsächlich völlig eingestellt, an mir Herumzuhappsen (was bis dahin in Aufregung noch manchmal geschah).
Ich hatte tagelang ein schlechtes Gewissen. Inzwischen denke ich - es ist ihm nichts passiert und es war das erste Mittel gegen dieses Happsen, das gewirkt hat. Er konnte es seinem unerwünschten Verhalten zuordnen. Ich würde es trotzdem nicht in mein Repertoire für seine Erziehung/sein Training aufnehmen.

Wie würdest du heute reagieren, wenn du eine Situation wie mit Dingo noch einmal erleben würdest?

Viele Grüße
Birgit
Intuition und Heiterkeit

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Re: Teenie in Liebesnot

Beitrag von lutz » Sa 26. Jan 2019, 15:40

Hallo Birgit,

also heute würde ich meinem Airedalerüden keinen mehr mit der Hundeleine rüberziehen wenn er mir liebeskrank durchgegangen und abgehauen wäre.
Inzwischen weiß ich eben dass es besondere Situationen sind wenn bei einem gerade sich in der Pubertät befindlichem jungen Airedale die Hormone verrückt spielen.
Das ist eben nun einmal der stärkste Trieb der da drin steckt und dabei wird denn auch alles vergessen was wir an Gehorsam mal gelernt hatten.
Also trotz aller Aufregung dabei würde ich versuchen dabei die Ruhe insofern zu behalten dass ich meinen Hund wieder an die Leine nehmen würde und ihn dabei einfach nur kräftig ausschimpfen. Dabei kann ich denn nur hoffen dass er den Zusammenhang zwischen seinem Abhauen und dem wieder einfangen erkennt und das ich damit ganz und gar nicht einverstanden war. Ich glaube nicht dass wenn ich da laut brüllend nach erst ca. 15 Minuten auf ihn zugestürzt wäre er da überhaupt eine Verknüpfung mit dem Leinenhieb und seiner Flucht sieht wo er das doch nicht getan hat um mich zu ärgern sondern es doch nur die bösen Hormone waren die ihn getrieben haben.
Dingo hat es damals bestimmt nicht verstanden als ich ihm die Leine über den Rücken geschlagen habe, das habe ich an seinem Blick gesehen und noch gut in Erinnerung.

Etwas anderes ist es natürlich wenn der Hund zuschnappt weil er seinen Dummy oder Stöckchen nicht schnell genug zurück haben kann und dabei im Eifer des Gefechts den Arm oder die Hand erwischt. Dann gibt es einen mit der flachen Hand an den Ballon aufs Maul.
Das kenne ich sehr gut von meinem Joker der es bis zuletzt nicht lassen konnte mir die Hemden zu zerreißen wenn ich Stöckchen ins Wasser warf die er wiederholen sollte. Er holte den Stock und legte ihn dann auch bei mir ab so dass ich ihn neu werfen sollte. Wenn ich mich aber bückte um den Stock aufzuheben hatte ich den erst halb hoch und Joker hing schon wieder am Stock oder, noch schlechter, an meinem Ärmel wenn ich den Stock schon über dem Kopf hatte. In den Jahren unseres Zusammenlebens sind dabei bestimmt ein Dutzend Hemden zerfetzt worden von meinen blauen Flecken ganz zu schweigen.
Um diese endlosen Auseinandersetzungen zwischen uns beiden zu beenden, ich weiß zwar erziehungstechnisch nicht korrekt, habe ich später nach Möglichkeit immer mit zwei Stöcken am See gearbeitet. Sowie Joker aus dem See mit dem Stock in der Schnauze an Land auf mich zugestürmt kam habe ich schon den zweiten Stock geworfen bevor er mich berühren konnte. Dann ließ ersofort den alten Stock los und stürzte sich wieder in sein Lieblingselement dem Wasser. Das war seine ganz große Leidenschaft und im Sommer war ich zusammen mit Joker auch immer schwimmen. Besonders gern in der Nordsee mit Tennisbällen denen wir beide dann hinterherschwammen wenn ich sie geworfen hatte. Gewonnen hat natürlich immer Joker aber wegnehmen konnte ich ihm im Wasser seine Beute auch nur schlecht ohne einige Schrammen zu riskieren.
Jokers Asche steht bin einer Seebestattungsurne in meiner Hundebibliothek. Ich werde ihn in sein Lieblingselement mitnehmen wenn ich auch eines Tages diesen Weg gehen werde, dann gehen wir ihn zusammen.

Viele Grüße von lutz mit Greta
Die Beziehung zwischen einem Mann und seinem Hund ist heilig,
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