Wir waren zusammen auf der Automatica in München und auf dem Robocup in Bremen.
Als Hundeausflug jetzt nicht unbedingt erste Wahl, aber irgendwoher muß ja das Hundefutter kommen. Ich hatte Standdienst für unsere diversen kleinen, großen, mobilen und sonstwie Roboter und genoß die Möglichkeit mit meinem großen Freund mal aus dem Büro zu kommen.
Wir sind mit der Bahn angereist, er hatte im Gegensatz zu mir seinen persönlichen Gepäckträger dabei...
Eigentlich(!) war angedacht, daß Darco die Tage wie im Büro sonst üblich schlafend verbringt, dazu hatten wir den Tisch mit einem großen Tuch abgehängt, so daß er eine schöne Hütte - mit Decke innen - hatte.
Da war was mit Wirt und Rechnung - er fand es natürlich viel interessanter sich umzusehen, könnte ja sein, daß er einen Spielpartner findet, als still und leise wie geplant zu schlafen. Immerhin hatte er ja auch ständig sein Spielzeug dabei.
Selbstverständlich verschwand er nach Aufforderung (fast) umgehend unter dem Tisch, zuvor mußte er ja noch prüfen, ob meine Anweisung eventuell ein Irrtum, ein Versprecher, an jemanden anderen gerichtet oder sonst wie begründet nicht ernst gemeint war. Ja, und nach einiger Zeit mußte natürlich überprüft werden, ob die Anweisung noch galt, könnte ja sein, daß ich ihn vergessen habe...
Einer dieser "Prüfzeitpunkte" fiel genau auf den Moment, in dem Herr Stoiber (seines Zeichens damals Landesvater in Bayern) an unserem Stand den Kameljockey-Roboter betrachtete und mehr oder minder aufmerksam den Erläuterungen folgte.
Eher minder, als Darco auftauchte und fragte: "Ist der da gekommen, um mit mir zu spielen? Bitte!" Das ist jetzt nicht Herr Stoiber, aber Darco hatte es voll raus, mit dem raushängenden Bänsel die Leute zum Zugreifen zu motivieren - nur um im letzten Moment, so zu zucken, daß der Bänsel aus dem Zugriffsbereich verschwand. Das klappte auch bei echt langen Bänseln! Einfach ein Könner!
Am Stand war nicht immer soviel los und die anderen Stände hatten auch interessante Dinge zu zeigen, so daß ich mit Darco ab und zu Rundgänge machte, nach kurzer Zeit waren wir, besonders wohl er bekannt wie ein "bunter Hund".
Der im Titel erwähnte AIBO ist der programmierbare Roboterhund von Sony (wird inzwischen nicht mehr produziert) und damals gerade in der Version 2 akuell und auf Roboterveranstaltungen jederman ein Begriff.
Deswegen kam mein Spruch: "Das ist AIBO III!" auch gut, wenn mal wieder jemand merkwürdig schaute, weil Hund auf Messe ja nun mal eher selten ist. Zumal einer der aussieht wie ein lebender Teddy mit riesiger Strubbelschnute. Wobei die äussere Kontur des Aibo II durchaus etwas Ähnlichkeit mit Darcos Bart hatte.
Die normale, von mir beabsichtige und erwartete Reaktion der Leute auf diesen Spruch war Heiterkeit und eine gewisse Sympathiesteigerung für meinen Kumpel. Traf auch fast immer so ein, nur manchmal blieb das Lachen aus - ich erkannte, daß man mir glaubte! Da stand jemand vor mir, der mir abkaufte, daß da neben mir ein Roboterhund steht! Selbst für eine Robotermesse etwas befremdlich, aber nun gut, ich bin selten völlig ernst drauf und ergriff die Gelegenheit beim Schopf und begann, wie bei jedem anderen technischen Produkt, die Eigenschaften aufzuzählen: "Er ist sprach- und gestengesteuert - soll ich Ihnen das mal vorführen?"
Interessierte Zustimmung, also beginne ich unsere Obedience "Sitz-Platz-Steh"-Übung vorzuführen. Speziell der Übergang von Steh ins Platz und umgekehrt war bei Darco recht spacy, weil er die Pfoten dabei nicht vom Fleck bewegte und damit der Rücken horizontal nach hinten/unten ging - Ihr kennt das ja vermutlich auch...
Mein Gegenüber glaubte mir noch immer, also ich weiter: "Damit es realistischer wirkt, haben wir eine kleine Verzögerung eingebaut, er reagiert also erst nach einer einstellbaren Zeit." Punktgenau fällt jetzt auf, daß Darco meine Kommandos leicht verzögert ausführt.
Mittlerweile reitet es mich wirklich: "Wir haben eine Heizung in das Fellkostüm eingebaut, damit er sich auch lebendig anfühlt, wenn Sie ihn streicheln. Wollen Sie mal fühlen?"
Jetzt war ich auf dünnem Eis unterwegs, weil Darco es nicht wirklich mochte, von Fremden angefaßt zu werden. Aber ich stand ja direkt daneben und er hatte mitbekommen, daß ich es erlaubt hatte. Er war im Platz, der Mann bückt sich, faßt an den Schultern ins Fell, richtet sich auf und meint - noch immer ernsthaft: "Ja, fühlt sich echt an!"
Da konnte ich dann nicht mehr und mußte loslachen! Im weiteren Gespräch kam heraus, daß ich auch durch den aus der Hosentasche rausstehenden Gabelschlüssel sehr authentisch gewirkt habe...
Ich könnte mich heute noch kaputtlachen, auch bei dem Gedanken, daß mir das ja nicht nur einmal passiert ist.
Wir haben die Abende genossen, freier Ausgang ohne wartende Arbeit, nur wir beide und das gute Wetter.
Wir haben sowohl in München wie in Bremen in einem Etap-Hotel genächtigt, das besondere (?!) an diesen Hotels ist, daß sie überall gleich aussehen, genau identische Zimmer. Darco war bekannt, daß ein Waschbecken Trinkbares liefert. Wenn wir es eilig hatten oder kein Napf in der Nähe war, trank er - wie ich übrigens auch - aus dem Wasserhahn. Nur - ich kann das Wasser auch aufdrehen
. Als wir am ersten Abend in Bremen ins Hotelzimmer kamen, marschiert er stracks auf das Waschbecken zu, richtet sich auf und sieht mich auffordernd an: "Bitte Wasser marsch!" "Zu Befehl, Eure Lordschaft!"(Ich sollte noch erwähnen, daß die Waschbecken dort keineswegs weiß sind, sondern möglichst unauffällig der Zimmerdekoration angepaßt sind, er hat also die Anordnung von München im Gedächtnis behalten!)
In Bremen auf dem Robocup war es noch lockerer als in München, eigentlich waren es mehr Ferien. Er freundete sich ruckzuck mit den Standnachbarn an, so daß das mit dem unter dem Tisch liegen erledigt war, er trieb sich ständig auf den Nachbarständen rum. Wobei er sich nicht im geringsten davon aus der Ruhe bringen ließ, daß der eine (ebenfalls unterbeschäftige) Standnachbar ihn häufiger mit seiner mobilen Plattform verfolgte. Einzig das angedeutete Überfahren seines Spielzeugs motivierte ihn, aufzustehen und es zu retten. Seine Pfoten ließ er liegen - die wurden von dem Standnachbarn auch zivilisierter Weise respektiert. Big Teddy hatte bei den jüngeren Besucherkindern magnetische Wirkung, ich habe noch nie soviele Kinder gesehen, die ungefragt (!) zu meinem Hund wollten - und auch hingingen! Er begleitete mich überall in den Hallen hin, nur ein Bereich war tabu, da standen die Steuerungsrechner für den Rettungsroboter-Wettbewerb so eng, daß ich das nicht riskieren wollte, also habe ich ihn vor der Tür abgelegt. Als ich nach ein paar Minuten wieder rauskam, hatte sich ein kleines Mädchen zu ihm gelegt und sich an ihn gekuschelt. Da war ich doch platt, daß er nicht aufgestanden war, um sich der Situation zu entziehen.
Falls das bisher noch nicht deutlich geworden ist, Darco lief frei, ohne Leine. Das führte bei unseren Rundgängen dazu, daß unterschiedliche Interessen uns trennten. Wir merkten das meist recht gleichzeitig, beide Kopf hoch und sich suchend umsehen. Da ich mir sicher war, daß er nicht alleine die Halle verlassen würde, war meine Panik in solchen Situationen geringer als seine: wenn er mich nicht gleich erblickte, wurde er deutlich nervös und erhöhte sein Suchtempo. Bei dem Lärm in den Hallen wäre ein Ruf oder Pfiff wirkungslos verhallt (zumindest punkto Hund, die Leute rund um mich hätten sich schon etwas gewundert...). Daher versuchte ich es mit Klatschen, zuhause im Garten diente das beim Spielen dazu, ihn von hinten durch meine Beine zu locken (er hielt dann unter mir an und verlangte seine Streicheleinheit
).Also 1. Doppelklatsch: Darco unterbricht die Suchroutine, 2. Doppelklatsch: Darco hat die Richtung raus und kommt zu mir. Dafür das wir das nicht vorher verabredet hatten, funktionierte das prima!
Bei den Bremer Stadtmusikanten waren wir auch! War auch die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft:
